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wegfahrten  


Ich Kabel-Romantikerin.

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Die mit Abstand schönsten und elegantesten Personen in der überfüllten Bar waren die drei dunkelhäutigen, die einzigen drei dunkelhäutigen, Amerikaner aus Uganda. Eine Frau, eingerahmt von zwei Männern. Ein Künstler und einer, der sich einen Absinth bereitete und der es den anderen beiden erklärte. Und mir. Und der schallend lachte, als ich ihm mit meinem bei Alkohol besser werdenden Englisch erzählte, dass der Absinth all die berühmten französischen Dichter umgebracht hatte. Dieses Lachen zwischen all den anderen hier, die nur elegant taten, die nicht zum Trinken kamen, sondern um Bewerbungsgespräche für Beziehungen zu führen.

B4

Ich Romantikerin des Imperfekten.

B6

Die Deutschen wollen Lösungen optimieren, die Amerikaner das Problem nur lösen. Sie meinte es kritisch, doch ich fühlte mich befreit an dem Ort, an dem man eine Sache auch einfach mal lassen kann, wie sie ist. Auch wenn die Tür hakt und die Dielen knarren.

B5

Der langsame, schleppende Rhythmus des Meeres, mit Wellen, die einem unerbittlich die Füße wegziehen, während die Sonne herabgrellt und die Welt nur noch aus Dünen, Sand und eisigem Wasser zu bestehen scheint, brachte mir die Erkenntnis, dass die Schönheit dieses Ortes und dieser Strände auf der absoluten Gleichgültigkeit der Natur dem Menschen gegenüber beruht. Auf nichts anderem.

Die Wärme der roten Ziegel in der Nacht öffnete mein Herz.

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Jedes Restaurant, in dem es summte und brummte und ich strahlte, weil alles so gut war, Muscheln, mit Butter und Parmesan, Krabben mit Minze, Fries aus Süßkartoffeln, Nudeln, Forelle, Rinderfilet, Mais, Chili, Burger, Hot Dogs, Frittiertes und Wein dazu aus dem Napa Valley, jedes dieser Restaurants hatte eine Bar. Nur der, der mein Don Draper ist, der fehlte die ganze Zeit.

B3

Weder Cambridge noch Provincetown wollten mich. Aber diese Stadt war mein. Glück.
 


 


Zu dem Zeitpunkt, als sich das Flugzeug mit meiner Mutter, die die gleiche Art Tumor in sich trägt, in die Luft erhob zu ihrer vielleicht letzten großen Reise, erschoss er sich.
 


It's not always easy and
sometimes life can be deceiving.

I'll tell you one thing,
it's always better when we're
together.
 


Die Stadt ist in Gold getaucht.
Aber sie ist leer.
 


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Ein kleiner Spaziergang durch alte Sommerdüfte.

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Zufriedenheit.

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Auf der anderen Seite floss das heilsame Żywiec.

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Der Regen schnurrte ins Zimmer.

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Der unruhige Schlaf des Gerechten.

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Zufriedenheit.
 


Eine abendliche Einladung.
Whiskey, Tequila, Umarmungen, Düfte und Pizza.

Auf Federn gebettet.
Dankbarkeit.
 


Im Schnee zu einem Haus, das viel leerer zu sein scheint, als wenn einfach nur ein Mensch weniger darin ist. Und trotzdem ist alles schön, das Kaninchen im Stall, die Hühner auf der Stange, die Katze in der Küche, und ein braungeflecktes Kalb muht leise. In Dessau werde ich fürstlich bekocht von einem Paar, das ich auf ein Podest hebe, bevor wir alle zum Kornhaus gehen und die Elbe bestaunen. Am Abend stehe ich im Melkstand, durch Schläuche blubbert Milch, jede der 100 Kühe sieht mich erstaunt an, besonders die erste in jeder Reihe. Ich fasse mit steifgefrorenen Fingern an warme Zitzen, die hier Striche heißen, und Milch spritzt heraus. Ein Ort, an dem der schüchterne und für vieles andere zu langsame Junge genau richtig ist, denn man muss Kühe sehr sanft zum Melkstand bitten. Das alte Esszimmer wird nicht mehr betreten, als ob es von ihrem Geist besetzt ist. Es gibt keinen richtigen Kaffee mehr, keinen schwarzen Tee und keine Gemüsesuppe. Es gibt wenigstens genug Räume, um auszuweichen. Der Hund ist unsagbar still geworden, schaut einen groß und etwas unheimlich an. Zum Glück ist er der alte auf dem Spaziergang durch weiße Felder und weißen Wind. Und irgendwann werden die neuen Orte im Haus die gewohnten Orte werden.
 


Haus und Hof sind voller Trauer, Erschöpfung und Fassungslosigkeit. Eine wäre auf dem Weg zum Begräbnis beinahe wieder umgekehrt. Sie trugen alle keine Mützen bei zwei Grad Celsius und einer kalten Nebelsuppe. Beim Weg hinein in die Kapelle mit dem Foto am hintersten Ende wäre auch ich beinahe wieder umgekehrt. Aufgereiht wie verlorene Hühner auf der Stange saß diese Familie, die ich so liebe, 50 Zentimeter vom Sarg entfernt. Ein Pastor dann, dem es gelang, in seiner Rede nur Wahres über die Verstorbene zu sagen. Das war gut und machte es noch schlimmer. Taube Zehen, taube Finger, taube Seelen. Die Reihe der Kondolierenden schien kein Ende zu nehmen. Sofort entstand eine Legende daraus: wohl niemals seien in dem kleinen Dorf mehr Menschen zu einem Begräbnis erschienen. Auch wenn diese Legende nicht stimmt, so waren es doch über zweihundert, und sie drückt das Ausmaß des Schmerzes aller Anwesenden aus. Später im warmen Haus vor dem neuen Kamin erzählt mein Onkel vor allen Leuten von den längsten anderthalb Stunden seines Lebens. Als die immer pünktliche Frau nicht nach Hause kam. Und er benennt die Eigenschaft, die alle an ihr oft nervte, und seine Stimme zittert, als er laut sagt, was er sich nun vorwirft und was er als Lehre mitnimmt. Und er wiederholt, dass es keinen Trost gibt und lässt diesmal, anders als der Pastor zwei Stunden vorher, die Hoffnung auf Trost durch Gott weg, weil er es besser weiß.
Im Haus ist sie in jedem Raum und doch fehlt immer genau einer. Beim Klang der Stimme ihrer Schwester erschrecke ich. Am Abend wird mit zehn Jahre altem Port auf sie angestoßen.
Am nächsten Tag am Grab kommentiert eine alte, hutzlige Frau die Blumenberge sehr laut: "Die Zeit heilt keine Wunden."
Als wir auf dem Weg zum Zug die Stelle passieren, steht mein Onkel dort einsam, sein Mantel viel größer als er, er hebt die rechte Hand mit der Rose ganz leicht zum Gruß. Es wäre nicht geschehen, wenn, wenn, wenn. Der Junge auf dem Rücksitz sagt, wir sollen damit aufhören, es ändere doch nichts. Ich erkläre, warum wir es tun: Weil wir es alle nicht verstehen.

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Die Untiefen in den Menschen, in den Familien, kommen bei Zugfahrten ans Licht. Das Kind ruft zum kleinen Bruder: Wer böse ist, muss fühlen. Die Mutter nickt. Das Design im IC Versorgungswagen verdient keinen Preis. Amsterdam, Dresden, Hannover. Menschen, die ihre Tickets in Klarsichthüllen packen. Brogsitter. Die Klarheit der Dinge im Alkohol, bevor die Trunkenheit einsetzt.

Kein Gespräch ohne pädagogische Absicht. Von Wortmüll ist die Rede. Schmerz in der Brust. Offizielle Hubschrauberbeauftragte. Ein Wunder zu bestaunen. Wie es mich anstrengt, erziehen zu müssen, zurechtweisen zu müssen. Das ist nicht meine Erscheinungsform.

Fremde und Nähe.

die schönheit der gefahr
dokei eniois philosophia einai
eis apeiron
erhellung
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interna
kupfer in sonne
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