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Der Ständnerbauer zog an diesem Morgen keine Kleider an. Nackt humpelte er hinaus, brüllend vor Schmerz, hob beide Fäuste gegen den Himmel, der rot und schwer über ihn kam. Im Herbst, als man die Schweine aus den Stallungen getrieben und Ständners Existenz vernichtet hatte, waren Polizisten dagewesen, wollten nicht zulassen, daß er seine Tiere selbst erschoß. Nahmen ihm das Gewehr ab und drohten mit einer Anzeige.
Niemanden sonst im Umkreis hatte die Schweinepest ernsthaft betroffen, von den Schafbauern kam kein Mitleid.
Die Vorratskammern waren über den Winter geleert worden. Seine Hühner hatte der Ständner alle geschlachtet und das sorgsam von den Knochen gelöste Fleisch mit dem Hund geteilt. Jetzt wußte er nicht mehr, wie er ihn noch füttern sollte. Man würde den Hof versteigern und Ständner zum Teufel jagen. Vor zwei Wochen war einer von der Bank hergekommen, in Anzug und Geländewagen, den hatte der Hund vertrieben, aber es würde wieder einer kommen und noch einer, dann mehrere. Zu viele.
Ständner rieb seinen Kopf an der zitternden Flanke des Hundes, horchte auf den Schlag des alten Herzens. Der Hund war blind geworden vor Alter. Den Kerl gestern hatte er nicht einmal gebissen.
Ständner schlug seinem Hund den Schädel ein, warf den Hammer fort und schrie. Drei Stunden blieb er weinend neben dem Kadaver liegen. Das Gewehr stand in der Asservatenkammer der Bullbrunner Polizei, drum griff er angeekelt zum Seil und hängte sich auf.


H. Krausser, Thanatos

die schönheit der gefahr
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